Banken müssen mit dem technologischen Wandel Schritt halten, auch was das Bezahlen betrifft. Gewohnheiten und Erwartungen hinsichtlich des Zahlungsverkehrs haben sich durch Zahlverfahren wie PayPal oder Apple Pay drastisch verändert. Der Bezahlvorgang soll schnell, intuitiv und sicher ausgeführt werden. Diese Philosophie hat zwar im B2C-Bereich ihre Wurzeln, ist nun aber dabei, auch im B2B anzukommen.
Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu mehr digitalem Bezahlkomfort für Bankkunden ist „Request to Pay“ (RTP). Dabei handelt es sich um ein Nachrichtensystem, das es ermöglicht, Zahlungsaufforderungen mit Metainformationen auszustatten und an einen Zahlungspflichtigen zu senden. Bei einer RTP-Transaktion sendet der Zahlungsempfänger eine Aufforderung an den Zahler – zum Beispiel ein Lieferant an seinen Kunden. Der Zahler kann anschließend entscheiden, ob er sofort oder später bezahlen will. Ebenso kann dieser den RTP ablehnen. Die eigentliche Zahlung erfolgt in der Regel durch eine SEPA-Überweisung.
Der Europäische Zahlungsverkehrsausschuss (European Payment Council, EPC) hat hierfür mittlerweile einen Standard definiert, welcher im Juni 2021 in Kraft treten wird. Die Teilnahme ist für Banken zunächst freiwillig; dennoch könnte sich SEPA-RTP auf Grund seiner Vorteile für die Bankkunden rasch durchsetzen. Insbesondere Unternehmen, die eine hohe Anzahl von Rechnungen stellen, hilft RTP dabei, eingehende Zahlungen automatisch zuzuweisen. Im B2B lassen sich damit die Rechnungsmodalitäten wie der Zahlungstermin beziehungsweise der Skonto mit wesentlich geringerem Verwaltungsaufwand aushandeln.
Ebenso ist SEPA-RTP Bestandteil der European Payment Initiative (EPI). Die EPI verfolgt das Ziel, einheitliche europäische Zahlungsverfahren für Kunden und Händler (B2C) zu etablieren.
Wie Request to Pay in der Praxis aussehen kann, zeigen wir nun anhand eines von AUSY Technologies entwickelten Prototypen auf. Im nachfolgenden Use Case sendet der Handwerksmeister Harald Handwerk eine Zahlungsaufforderung an seinen Kunden Ralf Keller. Hier sehen wir die Benutzeroberfläche der RTP-Anwendung aus Sicht des Zahlungsempfängers, also Harald Handwerk:
Über das folgende Menü kann Harald Handwerk die Daten eingeben, welche der Zahlungsaufforderung zugrunde liegen:
Nun ein Seitenwechsel – so sieht die Benutzeroberfläche aus Sicht des RTP-Empfängers bzw. Zahlers Ralf Keller aus:
Nachdem er die Zahlungsaufforderung empfangen hat, kann er sie wie folgt überprüfen:
Mit einem Klick auf „Sofort zahlen“ kann der Empfänger nun die Transaktion direkt auslösen – oder mit einem Klick auf „Später zahlen“ einen späteren Ausführungszeitpunkt festlegen. Ebenso ist es möglich, die Zahlungsaufforderung abzulehnen. In jedem Fall erhält der Zahlungsempfänger eine Benachrichtigung, die er automatisch mit der entsprechenden Rechnungsnummer abgleichen kann.
Zu betonen ist, dass es sich bei RTP nicht um eine eigenständige Zahlungsplattform handelt. Vielmehr ist RTP ein neuartiges Kommunikationswerkzeug, das beide Parteien einer Zahlung sowie ihre Kreditinstitute miteinander vernetzt.RTP-Zahlungen werden in aller Regel im Zusammenspiel zwischen Zahler, Zahlungsempfänger sowie den beteiligten Banken abgewickelt. Wie dies genau abläuft, zeigt die folgende Abbildung:
RTP vereinfacht die Verwaltung von Bezahlvorgängen
Zusammenfassend bietet RTP für Anwender die folgenden Vorteile:
Banken können hingegen wie folgt davon profitieren, wenn sie ihren Kunden RTP-Unterstützung anbieten:
Wie eingangs erwähnt, werden unsere Erwartungen an Bezahlvorgänge immer stärker vom Komfort und der Effizienz geprägt, die wir von digitalen Payment-Plattformen bereits kennen. Das Segment der Unternehmenskunden war diesbezüglich bisher stets noch konservativer eingestellt als Konsumenten und vertraute auf traditionelle Bezahlmethoden. Dies wird sich spätestens dann schrittweise ändern, nachdem der Standard für SEPA-gestütztes RTP im Juni in Kraft getreten ist und entsprechende Angebote auf dem Markt sind. Die Nachfrage wird dann wiederum auch von deren Kunden getrieben werden, für die RTP ebenfalls eine Vereinfachung beim Bezahlen darstellt.
Wie sollten Banken nun am besten vorgehen, um sich rechtzeitig auf RTP einzustellen? Zunächst geht es darum, ein fachliches Konzept aufzusetzen, wie RTP in das bisherige Angebot eingebettet wird und welche Mehrwerte für die eigenen Kunden konkret verknüpft werden sollen. Auf technischer Seite liegt die Herausforderung von RTP vor allem darin, die entsprechenden Schnittstellen einzurichten, damit der Informationsfluss im oben gezeigten 4-Parteien-Modell reibungslos funktioniert. Im „Rulebook“ des EPC sind die Standards und Vorgehensweisen detailliert niedergelegt. Die nötige Expertise und entsprechenden Use Cases sind also bereits vorhanden, sodass eine Implementierung umgehend erfolgen kann.
Mehr über Request to Pay und weitere Trends im Bereich Payments erhalten Sie in unserem Trendbook Payments, das vergangenes Jahr erschienen ist. Im Zuge der Einführung des RTP-Standards wird zeitnah ein umfassendes Update des Trendbooks erfolgen.
[1] Als Factoring wird eine Finanzierungsform bezeichnet, bei der ein Unternehmen offene Forderungen an Dritte verkauft. Der Factoring-Dienstleister begleicht eine Rechnung sofort – oder zumindest, bevor sie vom eigentlichen Rechnungsempfänger innerhalb des Zahlungsziels beglichen wird. Factoring hilft Unternehmen somit, Liquiditätsengpässe zu vermeiden, die durch verspätete Zahlungen entstehen.